Fachleute sorgen sich um die Vielfalt des Wattenmeeres

Mehr als 150 Vertreter*innen aus Wissenschaft, Naturschutz und Politik trafen sich in Wilhelmshaven unter dem Motto „Lasst uns die biologische Vielfalt im Wattenmeer auf den Weg der Erholung bringen!“

Das Weltnaturerbe Wattenmeer gilt als einer der globalen Hotspots der biologischen Vielfalt. Weit über 10.000 Tier- und Pflanzenarten sind hier entweder heimisch oder regelmäßige Gäste auf der Wanderung zwischen Nord und Süd. Die biologische Vielfalt ist eines der Kriterien für die Anerkennung des Wattenmeeres als UNESCO-Weltnaturerbe im Jahr 2009. Doch auf dieser Auszeichnung darf man sich nicht ausruhen. Beim heutigen Wattenmeertag tauschten sich mehr als 150 Teilnehmende über die Veränderungen der biologischen Vielfalt aus und diskutierten, wie sich der Verlust auf das einzigartige Ökosystem des Wattenmeeres und den außergewöhnlichen universellen Wert als UNESCO-Welterbe auswirkt.

„Der Wattenmeertag ist ein idealer Rahmen für neue Ideen und Impulse für die trilaterale Zusammenarbeit beim Management des Gebietes, die einen Mehrwert für die jeweiligen Aktivitäten der drei Länder auf nationaler Ebene darstellt“, sagt Anne-Marie Vaegter Rasmussen, Dänemark, Vorsitzende des Wadden Sea Board.

„Dieses besondere Ökosystem braucht maßgeschneiderte Lösungen, um seine Artenvielfalt zu erhalten“, fasst Peter Südbeck, Leiter der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, zusammen. „Es ist wichtig, dass unsere Strategien Gebiete mit Nullnutzung oder aktive Wiederherstellungsmaßnahmen für ausgewählte Arten umfassen, aber auch eine Verringerung des Drucks durch verschiedene Sektoren, die die natürlichen Ressourcen des Gebiets nutzen.“ Es sei auch deutlich geworden, dass stärkere Zusammenarbeit über Ländergrenzen und Sektoren hinweg unbedingt notwendig ist, um die Biodiversität im Wattenmeer zu schützen und zu stärken.

Der Wattenmeertag wird seit 2006 zusammen von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer und dem Gemeinsamen Wattenmeersekretariat organisiert.

 

Statements einiger Referent*innen:

Dorothee Hodapp, Helmholtz Institute for Functional Marine Biodiversity (HIFMB, Universität Oldenburg)
Im Wattenmeer findet derzeit eher ein Austausch von Arten statt, der mit Veränderungen der funktionalen Merkmale und der jahreszeitlichen Entwicklung einhergeht, als mit einem Rückgang der Artenzahl. Die Hauptursachen für die Veränderung der biologischen Vielfalt sind nach wie vor die Zerstörung von Lebensräumen, der Abbau von Ressourcen, die Verschmutzung und die Nährstoffanreicherung. Der Einfluss des Klimawandels gewinnt jedoch zunehmend an Bedeutung.

Karsten Reise, Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung:  
Uferbereiche und Flussmündungen leiden unter gegenläufigen, gesetzlichen Vorgaben. Durch bessere Kooperation entstünde mehr Biodiverität, wenn versteinerte Ufer mit aufgespültem Sand und Flussmündungen durch schwimmende Offshorehäfen geschützt würden

Philipp Oberdörffer, Landwirtschaftskammer Niedersachsen Fachbereich Fischerei:
Fischerei und Biodiversität haben naturgemäß viele Berührungspunkte und speziell in einem Nationalpark besteht die Kunst darin, Schutz und Nutzen so gut wie möglich in Einklang zu bringen. Im Vortrag wird beschrieben, wie die niedersächsische Fischerei aussieht und welche Managementmaßnahmen von ihr umgesetzt werden, um diesen Einklang soweit möglich herzustellen.

Sjon de Haan (Niederlande), Koordinator Wadden Sea World Heritage:
Mit Blick auf den wachsenden Tourismussektor einen Zaun um das Wattenmeer zu errichten wäre keine Lösung für den Schutz der biologischen Vielfalt. Es geht nicht darum, Touristen fernzuhalten, sondern darum, die richtigen Gäste zu gewinnen und die potenziellen positiven Auswirkungen des Tourismus zu nutzen. Die Zukunft ist ein regenerativer Tourismus, ein Tourismus, der einen Mehrwert für die Natur und die lokalen Gemeinschaften schafft, und kein auslaugender Tourismus.

Henk de Vries, It Fryske Gea (niederländische NGO):
Um die biologische Vielfalt des Wattenmeeres wiederherzustellen, muss auf die Erholung des Ökosystems und der dazugehörigen Elemente geachtet werden, das Gebiet muss als Naturschutzgebiet verwaltet werden und jede Nutzung muss im Einklang mit den natürlichen Werten stehen. Bei allen drei Aspekten bleibt noch viel zu tun. Die EU-Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt kann hier eine Richtung vorgeben.